Restaurative Zahnheilkunde
Füllungstherapie im Milchgebiß
- Behandelbarkeit
- Besonderheiten des Kindes
- Indikationsstellung der restaurativen Therapie am Milchzahn
- Besonderheiten des Milchgebisses
Behandelbarkeit: Langsam anfangen und dann steigern
Anfangs langsam annähern, erreichbares Ziel setzen
Kindgerechte Lagerung: bei Kleinkindern in der "Knie-zu-Knie-Position", ggf. Auf Schoß von Elternteil
Älteren Kindern Spiegel in die Hand drücken.
Keine Standardfehler!
Behandelbarkeit des Kindes: Herstellen des Kontaktes
- In das Kind "hineinversetzen"
- mundferne Annäherung
- Euphemismen (=unverdächtige, beschönigende Begriffe)
- Das Vertrauen der Eltern gewinnen durch ärztliches Gespräch. Deren Vertrauen überträgt sich auf das Kind!
Verschiedene Wege können zum Ziel führen
Beispiel für Behandlungsablauf
- Gesprächseinstieg: Zähneputzen
- Kind darf Zahnbürste aussuchen (versch. Farben)
- ZA/ZÄ kontrolliert, ob Zähne sauber (dabei orientierende Befunderhebung)
- Kind bekommt mit Spiegel in der Hand Karies gezeigt als "noch nicht sauber, da die Bürste zu groß war".
- Jetzt Putzen mit "kleinerer Bürste"=Zahnreinigungsbürste im Winkelstück.
- Danach "noch kleinere Bürste"=Rundfräse (Wer vor dem Kind "Bohrer" sagt, zahlt 5 DM in die Semesterkasse).
- Zum Abschluß: Salbe drauf (=Füllungsmaterial)
Häufige Fehler
- Kinder werden unnötig plötzlich erschreckt (meist mit dem Sauger).
- Kinder werden auf die Folter gespannt (z.B. liegt ständig eine spitze Sonde im Blickfeld; oder: "Wir probieren es erst einmal so, später kann man immer noch eine Spritze geben")
- Der störende Einfluß der Eltern wird nicht bemerkt.
- Die Behandlung dauert zu lange.
Besonderheiten des Kindes
- Manche Arzneimittel wirken anders als beim Erwachsenen (z.B. Midazolam) oder sind für Kinder nicht zugelassen (z.B. UDS erst ab 3).
- Anatomische Strukturen liegen anders bzw. näher beisammen als beim Erwachsenen (Leitungsanästhesie!)
- Kindgerechte Dosierungen beachten! (Reduzierte Lokalanästhetikadosis!)
- Relativ mehr Speichel und kürzerer kronen als beim Erwachsenen, deshalb manchmal schwierigerer Trockenlegung.
Lokalanästhesie beim Kind
- Indikation rechtzeitig stellen
- Citoject wird gut akzeptiert, aber nicht sofort intraligamentär spritzen, sondern erst eine Infiltrationsanästhesie vornehmen, dies ist weniger schmerzhaft.
- Achtung, immer über Bißverletzung und Verhalten nach Behandlung aufklären!
Indikationsstellung
- Die Indikationsstellung ist ähnlich wie bei bleibenden Zähnen.
- Im Unterschied zu Erwachsenen finden sich viel weniger Läsionen, welche remineralisiert werden können.
- Durch Abwarten werden die Probleme rasch verschlimmert.
Besonderheiten des Milchgebisses
- Große Pulpa, relativ dünnere Zahnhartsubstanzen
- hohe Gingivapapille (Achtung bei Matrizen, Keilen oder Kofferdamklammern)
- Oft hohes Kariesrisiko
Adhäsivfüllungen beim Milchzahn?
- Lange umstritten, aber: "prismenfreie Schicht" war anscheinend nur eine Ausrede.
- Die mikromechanische Retentions-gewinnung ist ideal für Milchzähne.
- Gute klinische Erfolge sind inzwischen hinreichend belegt.
Amalgamfüllungen beim Milchzahn?
- Trägt anscheinend tatsächlich zur Hg-Exposition bei, wenn auch wohl nicht klinisch relevant.
- Probleme bei Mindestschichtstärken (große Pulpa!) und Retention, bei okklusal-approximalen Kavitäten regelmäßige Isthmusfrakturen, oft auch Höckerfrakturen
- Erhebliche Verunsicherung bei den Eltern durch zahllose ablehnende Medienberichte, Stellungnahmen usw.
- Es werden immer weniger Amalgamfüllungen in Milchzähne gelegt. Aber: Verschrotten Sie die Mischgeräte noch nicht, vielleicht kommt es wieder.
Füllungstechniken beim Milchzahn
- Direkte Techniken überwiegen:
- Zement
- Komposit, Kompomer
- Amalgame (kaum: Galliumlegierungen)
- konfektionierte Stahlkrone
Zemente: als temporäre Füllung bei eingeschränkter Kooperation
- Heute kaum noch Bedeutung: Cermet-Zemente (aufgrund geringer Kantenfestigkeit)
- Bei Zinkoxid-Eugenol-zement: Faserverstärktes Präparat bevorzugen, fest anmischen
- Auch Glasionomerzement wenig zugfest, stopfbarer Zement leicht applizierbar, Fluorid Ionenabgabe wieder "aufladbar"
Wann welchen Zement?
- Phosphatzement: Als Unterfüllung (kaum noch gebräuchlich)
- faserverstärkter Zinkoxid-Eugenolzement: Wenn baldige Entfernung geplant ist (leichter entfernbar als GIZ), bei pulpanahen Kavitäten, Pulpawunde
- stopfbarer GIZ: bei großen Füllungen ("bulk restauration"), okklusale Füllungen. Ist wenig zugfest (bricht an der Randleiste oder Isthmus bei mehrflächigen Füllungen), ist wenig abrasionsstabil (aber: gut haltbar, wo der Antagonist extrahiert wurde)
Kompomer
- Klinischer Erfolg sehr gut belegt für das Präparat Dyract.
- Schrumpft wenig, quillt etwas, ist wenig abrasionsstabil, bricht selten, gibt kaum Fluoridionen ab. Randverfärbung durch Adhäsivtechnik vermeidbar.
- Ästhetik: Fast schon zu gut, man kann kaum noch Füllungsränder erkennen, manchmal kontrastierende Farbe erforderlich.
- Kompomere gelten als "biokompatibel".
Kompomer
- Kompomere haben in der Füllungstherapie bei Milchmolaren rasch eine weite Verbreitung gefunden.
- Sie gelten als rasch applizierbar.
Kompomer: klinisches Beispiel
- Kofferdam auch bei Kompomer-Füllungen oft hilfreich
- Klammer am 5er oft besser zu fixieren als am 4er
- Relative Trockenlegung mit Kofferdam
Kompomer-Füllung2
- Kofferdam kann mit Ligatur, Keil etc. befestigt werden (hält am 3er oft ohne Hilfsmittel)
- T-Matrize aus Platzgründen
- Primer 2 mal auftragen
- Bearbeiten der gelegten Füllung mit Handinstrumenten möglich (GK7)
- Hochglanz mit Politurbürste
Kompositfüllung
- Kleine Füllungen oft nur wenig aufwendiger als Kompomerfüllung, Versiegelung am benachbarten 6er bietet sich oft an.
- Umfangreiche Kompositfüllungen sind dagegen sehr aufwendig. Sie gelten aber als klinisch erfolgreich.
T-Matrize
- Zuerst beide "Ärmel" nach oben knicken.
- Dann das freie Ende zwischen die "Ärmel" legen.
- Daraufhin die "Ärmel" über dem freien Ende zuklappen.
- Freies Ende bis zur richtigen Länge anpassen und umknicken.
Stahlkrone
- Direktes Verfahren, auch in Narkose anwendbar
- Indikationen bei umfangreicher oder subgingivaler Karies, bei sehr hohem Kariesrisiko, zur Retentionsgewinnung bei Kinderprothesen, bei Strukturanomalien oder Attritionen; nach Pulpotomie
- Kontraindikation: Unverträglichkeit (Nickelallergie!)
Stahlkrone: klinisches Beispiel
- Immer Lokalanästhesie, auch nach Pulpektomie (Gingiva!)
- Kofferdam nicht immer leicht möglich, aber als Aspirationsschutz so oft wie möglich
- Ausreichend okklusal kürzen!
- Ausreichend approximal Platz schaffen!
- Oral und vestibulär Substanz schonen.
- Reichlich Zement einfüllen!
Stahlkronen sind hinsichtlich der Erfolgsquote den plastischen Verfahren überlegen. Nachteile sind die Ästhetik, die geringe Substanzschonung. Die Okklusion und die marginale Adaptation sind nur fakultative Nachteile.
Stripkronen
- Im Frontzahngebiet bei Saugerflaschenkaries, wenig verbreitet.
- Parodontalhygienisch nicht immer optimal.
Indirekte Verfahren
- Teuer, mehrere Sitzungen nötig.
- Aufwand pro Sitzung kann überschaubar gehalten werden.
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